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Presseerklärung des vdää zur aktuellen Diskussion um die Finanzierung der Krankenhäuser

Als Ärztinnen und Ärzte stellen wir die Gegenfrage: Gilt der traurige Befund nicht viel mehr für die Gesundheitspolitik, die seit vielen Jahren das Ziel verfolgt, aus Krankenhäusern Gesundheitsfabriken zu machen? Gemäß deren Maximen sollen Krankenhäuser eine maximale Leistungsmenge zu geringsten Pauschalpreisen erbringen. Ein blindwütiger ökonomischer Wettbewerb soll anhand Wirtschaftlichkeit und Rentabilität sogenannte gute und schlechte Krankenhäuser trennen. Die Krankenhäuser sollen sich marktgerecht verhalten. Und jetzt geben sich die Verantwortlichen ganz erstaunt, dass die Krankenhäuser sich so verhalten – und welchen Preis das DRG-System hat!

Nun hat also die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG (für vermutlich viel Geld) die unerhörte Erkenntnis an die Öffentlichkeit gebracht, dass „Kliniken mit hoher Rentabilität häufig unterdurchschnittliche Qualität“ bringen (SZ 19.02.2013).

Wir Ärztinnen und Ärzte aus den Krankenhäusern wären bereit gewesen, diese Einsicht (ausnahmsweise) kostenlos zur Verfügung zu stellen – und dazu gleich eine Analyse zu liefern, warum dies bei diesen Prämissen zwangsläufig so kommen musste: Aufgrund des systematischen Preisdumpings an mehreren Eckpfeilern und Stellschrauben des DRG-Systems bleiben die Preise für die einzelne Leistung immer weiter hinter dem zurück, was eine humane und qualitativ hochwertige Medizin und Pflege im Krankenhaus brauchen. Die Kliniken werden dadurch systematisch geradezu genötigt, mit zu wenig (Pflege-)Personal immer mehr invasive Maßnahmen und Operationen zu erbringen, um auf diese Weise ihre klammen Budgets wenigstens ins nächste Jahr zu retten.krank

Jawohl, es gibt keine finanziellen Anreize für bessere Qualität, für individuelle Zuwendung, für eine abwägende, selbstkritische und achtsame Medizin oder für bessere pflegerische Betreuung im DRG-System. So wollte es der Mainstream der Gesundheitspolitik: Der Markt sollte alles richten. Wenn uns die Politik nach den Betriebswirten jetzt noch eine Qualitätspolizei auf den Hals hetzt, kommen doch zur Peitsche nur Daumenschrauben hinzu. Was nützt aber dem Patienten eine noch so sorgfältig durchgeführte Operation, wenn sie zu keinem Zeitpunkt medizinisch indiziert war?

Unser Vorschlag: eine radikale Alternative
Wenn man den Krankenhausbeschäftigten etwas finanziellen Spielraum und Vertrauen schenken würde, wäre es uns Allen ein Vergnügen, mehr Qualität zu schaffen. Für das gleiche Geld weniger Fragwürdiges und Unsinniges zu tun, die Indikationen zu medizinischen Maßnahmen und OPs wieder abwartender, kritischer und strenger zu stellen. Also Weniger, das aber konzentrierter und besser zu machen. Dazu bräuchten wir weder finanzielle Zwänge noch eine Qualitätspolizei: Es würde einfach unserer eigenen Motivation und Profession erwachsen.

Unter anderem setzt das voraus, dass die Krankenhäuser die notwendigen Investitionsmittel von den Bundesländern erhalten, damit sie aus den knappen DRG-Erlösen für den laufenden Betrieb nicht ständig Geld für Investitionen abzweigen müssen. Qualität setzt auch verbindliche personelle Mindeststandards für die „weißen“ Berufe im Krankenhaus voraus. Vielleicht gibt es zu viele Krankenhäuser – aber sicher nicht zu viele Pflegekräfte und Ärztinnen und Ärzte.

Und wir brauchen eine grundlegende Reform der Krankenhausvergütung, die eine bedarfsgerechtere, individuellere, qualitativ hochwertigere Patientenversorgung im Krankenhaus ermöglicht und sich zum Besten der PatientInnen um eine wirkliche Integration mit ambulanten, pflegerischen und sozialen Netzwerken bemüht.

Wen rufen wir als Zeugen für diese Forderung auf: Nein, keinen Arzt sondern einen Ökonomen: Volker Penter, der Studienleiter der o.g. Studie der Wirtschaftsprüfer von KPMG sagt: „Das deutsche Gesundheitssystem braucht ein Vergütungssystem, das nicht alleine auf Quantität, sondern auf nachhaltige Qualität setzt.“ (SZ vom 19.02.2013).

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