Für alle Flüchtlinge aus sogenannten „sicheren Herkunftsländern“, für alle, die einen Folgeantrag gestellt haben, weil sich ihre Situation grundlegend verändert hat, sowie für Menschen, denen vorgeworfen wird, sie hätten ihre Papiere vernichtet, sollen künftig beschleunigte Verfahren gelten: Das Asylverfahren muss in nur einer Woche über die Bühne gebracht werden. Die meisten Flüchtlinge fliehen jedoch ohne Papiere nach Europa – oder aber Dokumente gehen auf der Flucht verloren. Die Bundesregierung schafft damit die Grundlage, potentiell für alle Asylsuchenden solche Schnellverfahren anzuwenden.
Hinzu kommt: All diese Flüchtlingsgruppen werden in Zukunft verpflichtet sein, in besonderen Aufnahmezentren zu leben. Und schon wenn sie lediglich den Landkreis verlassen, dem sie zugeteilt wurden, gilt ihr Asylantrag als abgelehnt.
Im Asylverfahren müssen Fluchtgründe geordnet und schlüssig vorgetragen werden und traumatische Erfahrungen ggf. mit detaillierten ärztlichen Gutachten belegt werden. Dafür braucht es Zeit für Unterstützung und Beratung in einer geschützten Atmosphäre, in der die eigenen Erfahrungen der Verfolgung und Flucht aufgearbeitet werden können. All das soll in Zukunft für einen großen Teil der Flüchtlinge nicht mehr möglich sein.
Auch die Berücksichtigung und zeitlich intensive Überprüfung kinderspezifischer Fluchtgründe wird unmöglich gemacht. Und anstatt chronisch erkrankte Kinder im Sinne des Kindeswohls umfassend zu unterstützen, wird Flüchtlingsfamilien mit der Abschiebung ins Herkunftsland die z.T. lebensnotwendige Gesundheitsversorgung versagt.
Selbst Menschen, die krank oder schwer durch ihre Erlebnisse im Herkunftsland traumatisiert sind, dürften mit dem neuen Gesetz im Schnellverfahren abgeschoben werden. Der Grund: sie könnten sich schließlich auch in irgendeinem Teil ihres Herkunftslandes behandeln lassen. Gegen das Trauma sollen eben zur Not Medikamente genommen werden. Das entbehrt jeder ethischen, medizinischen und psychotherapeutischen Grundlage. Die geplanten Verschärfungen verletzen elementare Rechte der Betroffenen und gehen an den Kern der humanitären Werte unseres Asylrechts.
Es ist bitter und beschämend zu erleben, wie das Recht auf Schutz und Asyl aktuell diffamiert und eingeschränkt wird. Wir alle sollten nicht vergessen, dass dieser Rechtsanspruch auch eine politische Konsequenz aus der deutschen Geschichte, mithin ein Ausweis der demokratischen Verfasstheit unseres Landes ist – und bleiben muss.