Sie wird seit dem 27. Oktober 2022 in Untersuchungshaft gehalten wegen des Vorwurfs der „Werbung für eine terroristische Vereinigung“. Der erste Prozesstag ist für den 23. Dezember 2022 geplant. Anlass war ihre Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung der Vorwürfe, die türkischen Streitkräfte könnten in der irakischen Region Kurdistan möglicherweise chemische Waffen eingesetzt haben. Die IPPNW hat Mitte Oktober 2022 einen Bericht über mögliche Verletzungen des Chemiewaffenverbots durch die Türkei bei Angriffen auf kurdische Zivilist*innen und Kämpfer*innen der PKK im Nordirak veröffentlicht und eine unabhängige internationale Untersuchung gefordert.
Die Ärztin Nesmil Ghassemlou wird den Prozess gegen Prof. Korur Fincancı für die IPPNW beobachten. „Der Prozess gegen Şebnem Korur Fincancı ist politisch motiviert. Diese mutige Menschenrechtsverteidigerin und Rechtsmedizinerin hat friedlich ihre Meinung geäußert und muss sofort und bedingungslos freigelassen werden“, fordert die IPPNW-Vorsitzende Dr. med. Angelika Claußen.
„Der Türkische Ärzteverband und seine Präsidentin Prof. Korur Fincancı treten – wie es ihre ärztlichen Pflichten gebieten – für Menschenrechte, Demokratie und gerechte Gesundheitsversorgung ein“, so Felix Ahls, einer der Ko-Vorsitzenden des vdää*. „Die Inhaftierung unserer Kollegin ist als Teil der antidemokratischen Politik der türkischen Regierung zu betrachten, die seit Jahren mit willkürlichen Inhaftierungen und politischen Verfahren gegen die Opposition vorgeht“, so Ahls.
Şebnem Korur Fincancı ist eine international renommierte Gerichtsmedizinerin, ausgezeichnet mit vielen Preisen für ihren unbestechlichen und unermüdlichen Einsatz für die Menschenrechte, gegen Folter, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in der Türkei und in der ganzen Welt. Mit Prof. Korur Fincancı, die auch Vorstandsmitglied der Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV) ist, verbindet die IPPNW eine langjährige Zusammenarbeit. Sie ist unter anderem Trägerin des Medizinischen Friedenspreises, den die IPPNW gemeinsam mit anderen europäischen Gesundheitsorganisationen verleiht.
Auch der Präsident der Bundesärztekammer Dr. Klaus Reinhardt hat im Namen der Bundesärztekammer, wie auch der Weltärztebund und viele andere internationale ärztliche Organisationen, entschieden gegen die Verhaftung von Prof. Dr. Şebnem Korur Fincancı protestiert und die sofortige Freilassung gefordert. Die Verhaftung stelle einen Angriff auf das Recht zur freien Meinungsäußerung und auf die ärztliche Selbstverwaltung dar. Mögliche Menschenrechtsverletzungen zu thematisieren, sei die Pflicht jeder Ärztin und jedes Arztes.
22.12.2022
Kontakt
Angelika Wilmen, IPPNW, Tel. 030 698074-13, willmen(at)ippnw.de; Felix Ahls, vdää*, Tel. 06181 432 348, info(at)vdaeae.de