Für eine radikale sozial-ökologische Transformation
vdää* veröffentlicht programmatischen Text zu Klimawandel und Gesundheit
Der Vorstand des vdää* hat im Mai nach umfangreichen Diskussionen in der Mitgliedschaft eine Ergänzung seiner programmatischen Grundlagen um ein Kapitel zu „Klima, Umwelt und Gesundheit“ beschlossen. Diese Vorschläge wollen wir kritisch mit anderen gesundheits- und klimapolitisch aktiven Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen zu diskutieren.
Der vdää* betont die gesellschaftlichen Ursachen der Klima- und Umweltkrise und benennt als solche konkret die kapitalistische Produktionsweise, mit dem dieser innewohnenden Wachstumszwang und fehlenden grundsätzlichen demokratischen Möglichkeiten der ökonomischen Planung. Auch im Gesundheitswesen wird ein Konflikt zwischen ökologisch nachhaltigen Veränderungspotentialen und den Vorgaben eines ökonomisierten und zunehmend privatisierten Gesundheitssystems dargestellt, weil kurzfristige betriebswirtschaftliche Kostenreduktion und Profitmaximierung zentrale Prinzipien darstellen.
Es werden die sowohl zwischen als auch innerhalb der verschiedenen Staaten ungleich verteilten gesundheitlichen Auswirkungen der Klima- und Umweltkrise diskutiert. In der Konsequenz plädiert der vdää* für eine grundlegende sozial-ökologische Transformation. Die damit zusammenhängenden Auseinandersetzungen müssen endlich geführt werden. Zu dem Schluss eines nötigen grundlegenden Wandels kommen inzwischen große Teile der Bevölkerung und der Wissenschaft sowie soziale Bewegungen und politische Parteien. Der vdää* beteiligt sich mit dem neu verabschiedeten programmatischen Text an der Debatte darüber, in welche Richtung und wie dieser Wandel vonstatten gehen soll. Es wird insbesondere darauf eingegangen, welche Rolle im Speziellen das Gesundheitswesen bei einer solchen Transformation spielen könnte und welche Veränderungen konkret nötig sind.
„Zur Begrenzung der Klima- und Umweltzerstörung ist eine radikale sozial-ökologische Transformation nötig. Um einen nachhaltigen und umfassenden ökologischen Umbau des Gesundheitswesens zu ermöglichen, bedarf es sowohl einer Überwindung der Ökonomisierung, als auch solidarischer, bedarfsgerechter Finanzierung und demokratischer Planung.“
„Oft stehen ökologisch nachhaltige Veränderungspotentiale im Konflikt mit den Vorgaben eines ökonomisierten und zunehmend privatisierten Gesundheitssystems, in dem kurzfristige betriebs-wirtschaftliche Kostenreduktion und Profitmaximierung zentrale Prinzipien darstellen. Dies führt zu Über- Unter- und Fehlversorgung, sowie unnötigem Ressourcenverbrauch. Auch aus ökologischen Gründen sind diese Rahmenbedingungen zu kritisieren und zu verändern.“
„Der vdää* und seine Mitglieder beteiligen sich daran, die politischen und organisatorischen Voraussetzungen aufzubauen, die eine Abkehr von der kapitalistischen Wirtschaftsweise in den Bereich des Möglichen rücken zugunsten gesellschaftlicher Verhältnisse, die ökologisch nach-haltiges und auf menschliche Bedürfnisse ausgerichtetes Wirtschaften organisieren können.“
Das Kapitel schließt mit diesen konkreten Forderungen und Zielen:
- Gemeinwohlorientierte, bedarfsgerechte und demokratisch geplante Gesundheitsversorgung statt Profitorientierung, Über- und Fehlversorgung
- Präventive, soziale und sprechende Medizin unter Einbeziehung der sozialen Determinierung von Gesundheit ausbauen, um den Bedarf an meist ressourcenintensiveren, technisierten und pharmakologischen Interventionen zu senken
- Reduktion klima- und umweltschädlicher Pharmaka und Medizinprodukte ohne Einschränkung der Versorgungsqualität, sowie weitere Forschung zum ressourcensparen-den und klimaneutralen Umbau des Gesundheitswesens, der Medizinprodukte- und Pharmaindustrie
- Ärzt*innen, ärztliche Körperschaften und Gewerkschaften sollen sich für eine radikale sozial-ökologische Transformation einsetzen und dazu auch mit politischen und wissenschaftlichen Akteuren außerhalb des Gesundheitswesens kooperieren
- Arbeitszeitreduktion und klimaangepasste Arbeitsbedingungen, um Gesundheitsschäden zu reduzieren
- Gesetzgeberische Interventionen und öffentliche Investitionen, die allen Menschen uneingeschränkten Zugang zu notwendigen Ressourcen sowie gesunden Lebensbedingungen sichern, Vermögens- und Einkommensungleichheit verringern und dafür sorgen, dass die für die Klimakrise hauptverantwortlichen Akteure die Kosten der Trans-formation tragen
- Globale Abrüstung und diplomatische statt militärische Konfliktlösung
Dr. Nadja Rakowitz, Pressesprecherin