So wird ein Schuh draus…
vdää* ergänzt Robert Habecks Forderung nach Sozialabgaben auf Kapitaleinnahmen
Der Verein demokratischer Ärzt*innen sieht Robert Habecks breit kritisierten Vorschlag, Kapitalerträge für Krankenkassenbeiträge heranzuziehen, als hilfreichen Anstoß für eine Debatte um Gerechtigkeit und Stabilität der Gesetzlichen Krankenversicherung. In höheren Einkommensbereichen ist der Anteil der Kapitalgewinne am steuerpflichtigen Einkommen in den letzten Jahren immer weiter gestiegen, während Beitragssätze der Krankenversicherung ausschließlich auf die Einkünfte aus Arbeit erhoben werden.
„Es ist aus unserer Sicht selbstverständlich, dass alle Einkommensarten für die Finanzierung unserer Gesundheitssystems herangezogen werden sollten. Insbesondere angesichts der steigenden Ungleichheit mit stark wachsendem Reichtum auf der einen und sinkenden Reallöhnen auf der anderen Seite“, so Felix Ahls vom Vorstand des vdää*.
Damit diese Forderung aber nicht verpufft, sondern tatsächlich auch mehr Einnahmen in die GKV bringt, sind gleichzeitig eine deutliche Anhebung oder am besten eine Abschaffung der Versicherungspflichtgrenze und der Beitragsbemessungsgrenze erforderlich. Bürger*innen mit höheren Einkünften jedweder Art würden sonst weiterhin nur bis zu dieser Grenze den prozentualen Kassenbeitrag zahlen müssen oder sie können ganz aus der gesetzlichen in die private Krankenkasse wechseln.
„Ohne diesen Schritt mit in das Vorhaben einzubeziehen, bleibt Habecks Forderung eine Wahlkampfparole ohne tatsächliche Wirkung“, so Ahls weiter. „Angesichts des Versprechens einer Bürgerversicherung durch Grüne und SPD vor den letzten Wahlen und keinem Schritt in diese Richtung während der Ampelregierung ist aber genau das zu erwarten: Es ist nur Wahlkampf und es steckt nichts dahinter.“
„Es müsste außerdem eine Freibetragsregelung geben, damit nicht die Menschen mehr belastet würden, die für die Rentenzeit ein bisschen Geld angelegt haben. Erst dann wird ein Schuh draus“, ergänzt Michael Janßen aus dem Vorstand des vdää*. „Noch konsequenter wäre die Forderung aus dem Programm der Bündnisgrünen nach Einführung der Bürgerversicherung, in die alle Bürger*innen einzahlen.“
„Die Solidarität in der Sozialversicherung ist durch die Existenz der Privaten Krankenkassen und die Obergrenze des Beitrags seit Jahrzehnten ausgehöhlt, das Prinzip „Einzahlung nach finanzieller Kraft, Inanspruchnahme nach Notwendigkeit“ gilt derzeit nur innerhalb der Gruppe der gesetzlich Versicherten“ so Michael Janßen.
Belastbare Studien belegen, dass auch längerfristig die Beitragssätze in der GKV nicht steigen würden und die finanzielle Grundlage der Kassen ausgebaut würde, sollten alle Personen in der GKV mit allen Einnahmequellen versichert sein.(1) Die Diskussionen um Leistungseinschränkungen, Rationierungen und Selbstbeteiligung der Kranken an den von ihnen ausgelösten Kosten würden so überflüssig werden.
Ob es Absicht ist, dass Habeck nur „A“, aber nicht „B“ und “C“ sagt und möglicherweise die bürgerliche Mittelschicht als Wähler*innen nicht verschrecken will, wird sich noch zeigen.
15.01.2025
1) Gutachten des Bremer Gesundheitsökonomen Heinz Rothgang: Solidarische Gesundheitsversicherung würde Beiträge reduzieren, Deutsches Ärzteblatt 12.07.2021