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Pressemitteilung vom 30.08.2024 zur angekündigten Erhöhung des GKV-Beitrags

Interessierte Verdrehung der Tatsachen

Minister Lauterbach kündigt Erhöhung der Beitragssätze an

Gesundheitsminister Lauterbach hat in einem Interview angekündigt, dass die Beitragssätze für die Gesetzlicher Versicherten im nächsten Jahr steigen werden, weil manche Krankenhäuser ansonsten geschlossen werden müssten, bevor seine angekündigte Reform kommt. Er begründet diese Maßnahme mit dem Ausbleiben von wichtigen Reformen in der Vergangenheit. (1)

„In der Argumentation des Gesundheitsministers sind viele Tatsachen vollkommen verdreht“, so Felix Ahls, Co-Vorsitzender des vdää*. „Die SPD hatte vor der Wahl eine Bürger*innenversicherung versprochen. Hätte sie diese konsequent eingeführt und es würden alle Einkommen und alle Einkommensarten in voller Höhe verbeitragt, würde der Beitragssatz kleiner, nicht größer. Die Regierung macht aber einfach weiter im alten ungerechten GKV-System und will alle gesetzlich Versicherten höher belasten und damit relativ zum Einkommen die unteren Einkommensklassen mal wieder besonders stark. So baut man kein qualitativ hochwertiges und effizientes Gesundheitswesen auf, sondern verhindert eine nachhaltige Finanzierung und zementiert die soziale Ungleichheit.“

Die auch von der SPD verantwortete Einführung des DRG-Systems und damit die Ökonomisierung haben zu den dramatischen Verwerfungen geführt, die Lauterbach jetzt bekämpfen will: Die Kliniken wurden in Konkurrenz- und Profitlogik gezwungen. Es wurde systematisch an Personal gespart, um sich in der Konkurrenz behaupten zu können. Viele Krankenhäuser stehen aktuell kurz vor der Insolvenz. Gleichzeitig ist der Anteil der Krankenhäuser in privater Trägerschaft auf 40% (im Jahr 2022) gestiegen. Die Profite aus deren Geschäft werden aus GKV-Geldern bedient und fehlen größtenteils im Gesundheitswesen.

„Die Unterwerfung des Gesundheitswesens unter die kapitalistische Dynamik von Privatisierungen, Profitausrichtung und Konkurrenz führte, wie nicht anders zu erwarten war, zu dem inakzeptablen Zustand, dass die gesundheitlichen Interessen der Patient*innen, die Ausbildung von medizinischem Personal und nachhaltig vertretbare Arbeitsbedingungen immer weiter in den Hintergrund traten. Klinikkonzerne und durch die Konkurrenz auch öffentliche Kliniken funktionieren nun fast wie jedes andere Unternehmen: Die erbrachten Leistungen sind nur Nebenprodukt des eigentlichen Ziels, Geld gewinnbringend zu investieren“, so Felix Ahls weiter.

„Nicht viel anders verhält es sich mit der jetzt angekündigten Reform, die angeblich mit Vorhaltepauschalen die Ökonomisierung bekämpfen und für mehr Qualität sorgen, aber nicht mehr Geld für Krankenhäuser ausgeben will“, ergänzt Peter Hoffmann, Mitglied im erweiterten Vorstand des vdää*. „Die Pauschalen heben die DRG-Logik mitnichten auf, denn sie hängen immer noch an den DRG und sind nicht einmal zweckgebunden, d.h., aus ihnen können weiter Profite bedient werden. Das Ergebnis der ‚Qualitätsoffensive‘ von Lauterbach wird die Schließung vieler Krankenhäuser durch eine Zentralisierung entlang ökonomischer Kriterien sein. Eine Qualitätsverbesserung ist dadurch nicht zu erwarten“, so Hoffmann weiter. „Und dafür sollen die GKV-Versicherten in Zukunft auch noch höhere Beitragssätze zahlen!“

Minister Lauterbach vergibt hier selbst die Gelegenheit für eine dringend notwendige sinnvolle Krankenhausreform, die darin bestehen müsste, alles bedarfsnotwendige nach einem Selbstkostendeckungsprinzip zu bezahlen und damit privatwirtschaftliche Elemente aus dem Krankenhaussektor zu verbannen.

Dr. Nadja Rakowitz, Pressesprecherin

30.08.2024

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