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Pressemitteilung vom 10.01.2025 zum Karenztag

Verein demokratischer Ärzt*innen zur Forderung der Wiedereinführung des Karenztages

10.01.2025

Der Vorschlag von Allianz-Chef Oliver Bäte, Arbeitnehmer*innen am ersten Tag einer Krank-meldung keinen Lohn mehr zu zahlen, setzt die Debatte fort, die letztes Jahr von FDP und Bundesärztekammer (BÄK) mit ihren Vorschlägen zur Teilzeit-AU (Arbeits-Unfähigkeit) und zur Ab-schaffung der telefonisch auszulösenden Krankschreibung angestoßen hatten. Sie suggerieren, dass in Deutschland die Arbeitnehmer*innen leichtfertig „krank machen“- und jetzt sollen sie dafür zahlen. Die Lohnfortzahlung vom ersten Krankheitstag an ist eine Errungenschaft und Resultat von Kämpfen der Arbeiterbewegung, die nun angegriffen werden.

An den Unterstellungen der Arbeitgeber muss einiges geradegerückt werden, denn das Gegen-teil ist der Fall: Untersuchungen (1) zeigen die zunehmende Tendenz zum Präsentismus, also zum Arbeiten trotz Krankheit. Das hat verschiedene Gründe – unter anderem die Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes. „Statt die angeblich faulen Arbeiter*innen und Angestellten zu maß-regeln, sollten sich diejenigen, die den Karenztag fordern, für eine humane, gesundheitserhaltende Arbeitswelt einsetzen“, so vdää*-Vorstandsmitglied Michael Janßen. Prekäre Arbeitsverträge und die Befürchtung, den Kolleg*innen unter Personalmangel noch mehr Arbeit zu über-lassen, führen letztlich auch zu verschleppten und dann chronischen Krankheiten. Ein Anteil von 35 % der Diagnosen bei Arbeitsunfähigkeit geht inzwischen auf die Krankheitsarten psychische Störungen und Krankheiten des Bewegungsapparates zurück (2).

Darüber hinaus werden durch solche Maßnahmen insbesondere Arbeitnehmer*innen mit niedrigen Löhnen relativ hohe Lohneinbußen hinnehmen müssen – gerade diejenigen, die die statistisch eine höhere Morbidität und Mortalität haben!

Es bleibt bei populistischen Nebelkerzen, deren Umsetzung sicher nicht zur Reduktion der AU-Tage führen wird, aber die Stimmung verschlechtert und den Druck auf Arbeitnehmer*innen erhöht. Stattdessen braucht es aus der Erfahrung des vdää* mehr betriebliche Gesundheitsförderung und weniger prekäre Arbeitsverhältnisse.

 

(1) https://www.tk.de/resource/blob/2143222/8e38808d9a1f82ed55d34320c1aaf8a1/tk-studie-praesentismus-data.pdf;  https://www.stepstone.de/magazin/artikel/praesentismus

(2) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/77239/umfrage/krankheit-hauptursachen-fuer-arbeitsunfaehigkeit/; https://www.tk.de/resource/blob/2146912/44b10e23720bf38c1559538949dd1078/gesundheitsreport-au-2023-data.pdf

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