Die Stimmungsmache, ein Politikwechsel führe ins „Chaos“ und zu einer Verschlechterung der Lebensbedingungen in Griechenland, stellt die realen Zusammenhänge auf den Kopf: „Nicht der Wechsel hin zu einer linken Regierung, sondern die seit Jahren von der Troika erzwungene und von einem Filz griechischer Politiker und Unternehmer unterstützte Sparpolitik führte in Griechenland zu der gegenwärtigen gesundheitspolitische Katastrophe“, so Rakowitz weiter. „Dass Austeritätspolitik tötet“ – so der Titel eines im letzten Jahr erschienenen Buchs der Epidemiologen David Stuckler und Sanjay Basu – „ist keine Übertreibung, sondern Realität in Griechenland, also mitten in der EU!“, ergänzt Dr. Bernhard Winter, der zusammen mit Nadja Rakowitz und anderen vdää-Mitgliedern mehrere Delegationsreisen nach Griechenland gemacht hat, um sich über die verheerenden Konsequenzen der Sparpolitik zu informieren, um Solidarität mit den Betroffenen zum Ausdruck zu bringen und den breiten gesellschaftlichen Widerstand gegen diese Politik im Gesundheitsbereich zu unterstützen.
Die Ergebnisse und Eindrücke dieser Reisen hat der vdää in einer Sonderausgabe seiner Zeitschrift im Spätsommer 2014 zusammengefasst: 30 Prozent der Bevölkerung haben keine Krankenversicherung mehr, selbst notwendige medizinische Basisversorgung ist nicht mehr gewährleistet, viele Menschen können sich die Zuzahlungen zu Medikamenten nicht mehr leisten, die Säuglingssterblichkeit steigt wie die Suizidrate und die HIV-Infektionen an. All dies lässt nur einen Schluss zu: Die Sparpolitik auf Kosten der Kranken und Armen muss beendet werden. Jeder Politikwechsel in Richtung einer besseren medizinischen Versorgung und den Wiederaufbau eines öffentlichen Gesundheitswesens wird deshalb vom vdää begrüßt. „Solche Versuche schon im Vorfeld zu denunzieren und sich illegitim in demokratische Entscheidungen der Griechinnen und Griechen einmischen zu wollen, wie es viele deutsche Politiker und vor allem die Medien im Moment tun, ist schändlich und verlängert unnötiges Leid“, so Prof. Dr. Wulf Dietrich, der Vorsitzende des vdää.
Auch wäre ein Politikwechsel für Griechenland die Chance, die geplante Einführung der German-DRG zu verhindern. Unter Federführung des deutschen Gesundheitsministeriums soll in Griechenland die Krankenhausfinanzierung nach deutschem Vorbild „reformiert“ werden. „Anstatt aus den schlechten Erfahrungen mit der Ökonomisierung der Krankenhäuser durch das DRG-Fallpauschalensystem eine Lehre zu ziehen, wird dieser deutsche Irrsinn nun nach Griechenland exportiert. Ein Politikwechsel jetzt käme gerade recht, um dieses Projekt noch zu stoppen“, so Wulf Dietrich weiter.
Prof. Dr. Wulf Dietrich (Vorsitzender)
Dr. Bernhard Winter (stellv. Vorsitzender)
Dr. Nadja Rakowitz (Geschäftsführerin)
PDF: Presseerklärung des vdää zu den skandalösen Äußerungen von PolitikerInnen und Medien zum möglichen Politikwechsel in Griechenland!