Festnahme der Vorsitzenden der Türkischen Ärztekammer Şebnem Korur Fincancı
Der Verein demokratischer Ärzt*innen fordert die Bundesregierung auf, sich für ein Ende der politischen Verfolgung der Türkischen Ärztekammer und eine unabhängige Untersuchung der möglichen Chemiewaffeneinsätze einzusetzen
Die für ihren Einsatz gegen Folter und andere Menschenrechtsverletzungen weltweit bekannte Rechtsmedizinerin, Vorsitzende der Türkischen Ärztekammer (TTB) und Vorstandsmitglied der Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV), Şebnem Korur Fincancı wurde am 26.10.2022 in der Türkei verhaftet. Sie hatte sich zu den Vorwürfen geäußert, die türkische Armee habe im Krieg gegen die PKK im Nordirak chemische Kampfstoffe eingesetzt, und eine unabhängige Untersuchung gefordert.
Der türkische Staat reagierte mit einem Strafverfahren auf Basis der Vorwürfe von „Propaganda für eine Terrororganisation“ und „Beleidigung der türkischen Nation, des Staates der Republik Türkei, der Institutionen und Organe des Staates“. Seit Jahren werden diese und andere konstruierte Vorwürfe in Verfahren gegen Mitglieder der Opposition und Menschenrechtsverteidiger*innen eingesetzt. Unterstützung bekommt die Vorsitzende der Ärztekammer von vielen Kolleg*innen in der Türkei und international, von Bundesärztekammer und Landesärztekammern in Deutschland, wie auch vom Vorsitzenden des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, der ihre Forderung nach einer Untersuchung der Chemiewaffenvorwürfe unterstützt.
Sebnem Korur Fincanci soll nun wie andere Mitglieder des Vorstandes der türkischen Ärztekammer ihres Amtes enthoben werden. Die Türkische Ärztekammer ist seit langem Ziel von Verleumdung und Delegitimierungsversuchen durch die Regierung unter Recep Tayyip Erdogan. Mit dem Vorwurf der Terrorunterstützung ist eine neue Eskalationsstufe im politischen Vorgehen gegen die Türkische Ärztekammer erreicht. Die Verhaftung von Sebnem Korur Fincanci ist ein Frontalangriff auf die ärztliche Berufsfreiheit und die Menschenrechtsarbeit.
Der Verein demokratischer Ärzt*innen ruft alle ärztlichen Organisationen dazu auf, sich hinter die Kolleg*innen in der Türkei zu stellen, die weiterhin ihrer ärztlichen Pflicht entsprechend gegen Menschenrechtsverletzungen vorgehen, insbesondere hinter die TTB und TIHV.
Wir fordern auch die Bundesregierung auf, sich für die Freilassung von Şebnem Korur Fincancı einzusetzen und klarzustellen, dass die Verfolgung politischer Gegner durch die AKP-Regierung aufhören muss. Zugleich fordern wir sie auf, sich für eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe des Chemiewaffeneinsatzes durch die türkische Armee einzusetzen.
im Namen des Vorstands Dr. Nadja Rakowitz (Pressesprecherin)